Louis Meyer
Kurzinformation
Louis wurde nach Theresienstadt deportiert und dort befreit. Für ihn wurde in der Kornstraße in Goslar ein Stolperstein verlegt.
Kurzbiografie
"Ich habe schon manche Tränen vergossen, aber ich will stark sein. Gott wird uns nicht verlassen." Das waren die Worte, die Louis Meyer auf eine Postkarte schrieb, während seiner Deportation nach Theresienstadt, ein paar Wochen vor Kriegsende, am 22. Februar 1945.
Louis Meyer wurde als zweiter Sohn einer jüdischen Familie geboren. Von 1912 bis 1913 war er Mitarbeiter bei der Firma Heilbrunn in Goslar, wo er seine evangelische Frau Erna kennen lernte. Louis Meyer hat im Ersten Weltkrieg im Militär für Deutschland gekämpft, er erhielt dafür später das Eiserne Kreuz zweiter Klasse. 1916 trat er kurz vor seiner Hochzeit mit der Christin Erna Hoffmann zur evangelischen Kirche über. Das Paar bekam zwei Töchter, Ingeborg und Charlotte, und lebte hier in der Kornstraße 96. Nach dem Ersten Weltkrieg war Louis Meyer in den Goslarschen Farbwerken als Versandleiter tätig.
Obwohl die Familie der evangelischen Kirche angehörte, wurde sie ab 1933 verfolgt, da Louis von den Nationalsozialisten als 'Volljude', seine Töchter als 'Halbjüdinnen' angesehen wurden. Deswegen wurde Louis Meyer am 10.11.1938, am Tag nach dem Reichspogrom am Arbeitsplatz verhaftet und ins Goslarer Gefängnis gesperrt.
Nach 14 Tagen wurde er entlassen und im Februar 1939 zur Zwangsarbeit in das Lager Werlte-Rastdorf in Hümmling eingezogen, wo Jüd*innen, die in einer so genannten Mischehe lebten, oder getaufte Jüd*innen zusammengezogen wurden.
Dort mussten die Zwangsarbeiter ein Moor kultivieren, was harte, schwere Arbeit war. Später kam Louis Meyer in das Lager Wendefort bei Blankenburg, wo er im Alter von 55 Jahren, Holz für einen Kohlenmeiler aufschichten musste. Dort traf er den jüdischen Goslarer Charley Jacob.
Ab und zu durfte Louis Meyer seine Familie am Wochenende in Goslar besuchen. Seine Tochter Charlotte berichtete später über diese Zeit: "Unsere Familie hatte nicht nur unter der siebenjährigen Abwesenheit unseres Vaters zu leiden, sondern auch unter Schikanen, die uns als Halbjuden und meiner Mutter als Christin, mit einem Juden verheiratet, trafen. Sie hatte es am schwersten. Neben der täglichen Sorge um ihren Mann, musste sie auch noch versuchen, uns ständig gefährdete Mädchen zu schützen und Wege des Überlebens zu suchen. 1936 konnte Tochter Ingeborg noch ihren Schulabschluss machen, aber durfte nicht ihre gewünschte Schneiderlehre beginnen. Sie konnte mit viel Glück eine kaufmännische Ausbildung machen und dank eines mutigen Vorgesetzten bis Februar 1945 in der Firma Borchers arbeiten.
Im Februar 1945 wurde sie mit zwei anderen 'Halbjüdinnen' zur Zwangsarbeit in den Greifwerken verpflichtet, wo sie auch das Ende der Diktatur und des Krieges erlebte.
Die andere Tochter, Charlotte Meyer, durfte die Mittelschule nicht bis zum Abschluss besuchen. 1938 verließ sie die Schule und begann ein Pflichtjahr in Hannover. Anschließend konnte Charlotte Meyer eine dreijährige Lehrzeit in einer Firma in Bad Harzburg ableisten, wo sie jedoch als 'Halbjüdin' keine Prüfung ablegen durfte. 1943 wurde sie, wie ihre Schwester, bis zum Kriegsende in den Greifwerken in die Zwangsarbeit geschickt.
Wir möchten Ihnen nun von zwei Ereignissen berichten, die Familie Meyer während des Nationalsozialismus erlebte. Das eine, handelt von einer Anzeige in der Goslarschen Zeitung: Im August 1941 konnten Louis und Erna Meyer ihre Silberhochzeit feiern. Daraufhin setzt sie am 20.8.1941 eine Anzeige in die Goslarsche Zeitung, in der sie sich für Glückwünsche und Geschenke bedankten. Dadurch wurde Louis Meyer allerdings strafffällig und musste eine Strafe in Höhe von 110 Reichsmark 62 bezahlen. Warum? Alle Juden mussten ab 1938 den Zwangsnamen Israel, und alle Jüdinnen den Zwangsnamen Sarah als Zweitname tragen, um sie weiter zu diskriminieren. Da Louis Meyer in der Zeitungsanzeige nicht mit Louis Israel Meyer unterzeichnet hatte, bekam er eine Strafe.
Das zweite Ereignis war, dass die für den 15.8.1941 geplante Hochzeit von Tochter Ingeborg mit Herrn Gistrichovsky, von dem sie ein Kind erwartetete, nicht stattfinden durfte, da ein neues Rassegesetz erlassen wurde. Erst nach Ende der Diktatur konnte die standesamtliche Trauung endlich am 12.5.1945 stattfinden.
Louis Meyer musste bis zum bis zum 17.2.1945 im Lager Wendefurt Zwangsarbeit leisten, dann wurde ihm mitgeteilt, dass er am 19.2.1945 evakuiert würde. Seine Tochter Charlotte berichtete später: "Als er am 17. Februar ins Haus trat, waren wir alle ungeheuer bedrückt. Es war ein sehr trauriges Wochenende. Wir packten einen Rucksack mit einigen Lebensmitteln, Kleidung und so weiter, und legten auf seinen Wunsch das evangelische Gesangsbuch hinein, sowie seine Papiere, die man ihm, wie das Gesangsbuch, später wegnahm. Es war eine schreckliche Ungewissheit. Wir wussten doch nicht, wohin er transportiert werden sollte. Am frühen Morgen des 19. Februar begleiteten wir unseren Vater zur Polizeiwache. Charley Jacob kam auch nach dort, seine beiden kleinen Jungen an der Hand. Auch sie hatten einen kleinen Rucksack auf dem Rücken. Wir gingen bis zur Sperre im Bahnhof mit. Wir mussten uns hier von unserem Vater verabschieden."
Nach endlosen sieben Tagen erreichte der Transport sein Ziel, das Ghetto Theresienstadt. Im KZ arbeitete Louis Meyer erst als Helfer im Sachgebiet Technik. Dann wurde er der jüdischen Ghettowache zugeteilt.
Die Menschen im KZ hatten unerträglichen Hunger. Um ihn zu dämpfen, aß Louis Meyer sogar verdorbene Lebensmittel. Er erkrankte daraufhin an einer schweren Ruhr. Als die Truppen der sowjetischen Armee Theresienstadt befreiten, herrschte eine unbeschreibliche Freude, erzählte Louis Meyer später. Leider starben viele Insassen, als sie nach dem langen Hunger plötzlich richtige Mahlzeiten bekamen, da die geschwächten Körper damit nicht umgehen konnten.
Wegen der Krankheit des kleinen Peter Jacob, verzögerte sich die Rückreise nach Goslar. Louis Meyer bestand darauf, gemeinsam mit Charley Jacob und den beiden kleinen Jungen nach Hause zu reisen. Peter Jacob berichtete später: "Als ich so krank da lag, sagte Louis Meyer: 'Ohne den Jungen, fahre ich nicht.' Louis Meyer war ein guter und lieber Mensch.
Doch Louis Meyer kehrte noch rechtzeitig nach Goslar zurück, um an der Hochzeit seiner Tochter Ingeborg teilzunehmen, die so lange vom NS- Regime verhindert worden war. Die siebenjährige Zwangsarbeit und die Zeit im KZ hingen Louis Meyer lange nach, doch er wurde wieder in seiner alten Firma, den Goslarschen Farbwerken, als Betriebsleiter eingestellt.
1958 wurde er pensioniert. Es blieben ihm noch neun geruhsame Jahre, bevor er 1967 verstarb.
Quellennachweis:
Adolf-Grimme-Gesamtschule Audiowalk (zuletzt eingesehen am 21.01.2025)
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