Rosa Lazarus
Kurzinformation
Kurzbiografie
Rosa war das 5. Kind des Ehepaares Lazarus. Sie wurde am 11. Dezember 1892 in Stapelmoor geboren und erhielt die deutsche Staatsangehörigkeit (im Gegensatz zu ihren früheren Geschwistern, die hatten noch die niederländische Staatsangehörigkeit erhalten).
Rosa wuchs mit ihren drei älteren Geschwistern Simon, Samuel und Rika sowie dem jüngeren Bruder Paul auf dem Hof der Eltern auf.
1920 zog sie im Alter von 28 Jahren zu ihrem Bruder Samuel nach Oldenburg und führte ihm den Haushalt. Auch nach dessen Heirat 1922 blieb sie bei ihm. Rosa fügte sich in Samuels Familie ein und heiratete nie. Sie war sehr zurückhaltend, immer zuhause, machte den Haushalt, kochte und hielt sich sehr zurück. Sie war sozusagen eine „unsichtbare Frau“. So heißt auch der Film, den der Oldenburger Filmemacher Farschid Ali Zahedi über Rosa Lazarus machte und aus dem wir die meisten Informationen entnommen haben.
Erst als es ihrem Bruder Samuel ab 1935 finanziell kaum mehr möglich war, seine Familie durchzubringen, verließ Rosa 1936 Oldenburg. Sie lebte teilweise bei ihrer Mutter in Stapelmoor (die seit 1933 Witwe war) und teilweise bei Verwandten in Holland (Bellingwolde). Dort beantragte Rosa die niederländische Staatsangehörigkeit. Als ihre Mutter im Juli 1937 verstarb, lebte Rosa überwiegend in Holland und wurde eingebürgert. Ende der 30er Jahre verbrachte sie wieder mehr Zeit auf dem Hof in Stapelmoor, der inzwischen von einem Verwalter auf Pacht bewirtschaftet wurde.
Als jüdische Häuser arisiert wurden, geriet auch der Lazarus-Hof ins Visier der nationalsozialistischen Behörden. 1941 sollte Bauer Wolters durch die Arisierung des Lazarus-Betriebes entschädigt werden. Rosa versuchte über einen Auktionator, ihren Anteil des Grundes an die Bäuerin Gretchen Kromminga aus Weener zum Preis von 6.400 Reichsmark zu verkaufen. Die NS-Bürokratie verhinderte dieses Vorhaben jedoch, da die „Arisierung“ bereits eine beschlossene Sache war. Es wird in einem Schreiben erwähnt, dass Rosa im Oktober 1941 durch die Gestapo vom Hof „entfernt“ wurde.
Der weitere Verlauf lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Wo Rosa sich in der Zeit zwischen Oktober 1941 und Sommer 1942 aufhielt und ob es ihr möglich war, weiter auf dem Hof zu verweilen, ist nicht bekannt.
Im Sommer 1942 gelangte Rosa als Haushälterin zu ihrer damals bereits 74jährigen Tante Greetje (geb. Lazarus, Schwester von Rosas Vater) und ihrem Onkel Benjamin van Dam nach Groningen (Spilsluizen 10). Tante Greetje und Onkel Benjamin teilten sich das Haus mit dem erwachsenen Sohn Aalje, dessen Frau Aletta sowie deren Kindern Ben und Jacob, die im oberen Geschoss des Hauses lebten.
Nach der Besetzung durch die Deutschen wurde die jüdische Bevölkerung zur Zwangsarbeit herangezogen und in Arbeitslager eingewiesen. Der Sohn Aalje van Dam versuchte, dem zu entgehen und schlief deshalb in der Wohnung der Eltern im unteren Teil des Hauses.
Doch als Gerüchte umgingen, dass alle Jüd*innen demnächst ins Lager Westerbork deportiert werden sollten, beschloss Aalje mit seiner Frau und den Kindern unterzutauchen. Er wandte sich an Binne Roorda, mit dem er schon vorher Kontakt hatte.
Am Samstag, den 3. Oktober 1942 zogen Aalje, Aletta und die Kinder in das Haus von Binne Roorda in der Ernst Casimirlaan 4A und versteckten sich dort. Zwei Monate später gelang es auch, die Mutter von Aletta, Selma Philips Stoppelman, hinzuzuholen. Und im Frühjahr 1943 folgten Aaljes Eltern Geertje und Benjamin. Rosa kam zusammen mit ihnen in das Versteck.
[...]
Am 7. Februar 1945 wurden die Bewohner des Hauses von deutschen Soldaten geweckt, die an der Tür klingelten und klopften. Für einen solchen Fall hatte der handwerklich geschickte Gerrit ein Versteck in einem Hohlraum hinter einem Bücherregal eingerichtet. Dort versteckten sich die Jüdinnen und Juden, die durch einen herausgenommenen Ziegel in der Außenwand Luft bekamen. Auch Binnes Söhne Philippus und Gerrit mussten sich unter dem Dielenboden verstecken, denn sie hatten sich dem Kriegsdienst entzogen.
Binne Roorda hielt die Tür verschlossen, damit die deutschen Soldaten nicht hereinkommen und alle in ihre Verstecke gelangen konnten. Die Deutschen schlugen ein Fenster neben der Haustür ein und warfen eine Tränengasgranate in das Haus.
Glücklicherweise bekamen die Personen im Versteck durch das Loch in der Wand dennoch Luft. Schließlich öffnete Binne Roorda die Tür. Ein deutscher Soldat ging ins Haus, entdecke jedoch die versteckten Personen nicht. Binne Roorda wurde verhaftet und zunächst zum Verhör ins Scholtenhuis gebracht.
Nach Binnes Verhaftung kümmerten sich die Haushälterin Maaike de Zoete und die erst 15-jährige Tochter Foekje um neue Verstecke für die Jüd*innen. Rosa wurde von Foekje in ein Haus in der Kerklaan in Groningen gebracht, wo sie bis zur Befreiung am 5. Mai 1945 blieb. Alle acht versteckten Juden überlebten die Shoah.
Binne Roorda wurde am 17.03.1945 in das KZ Neuengamme und drei Wochen später in das Lager Sandborstel gebracht, wo er vermutlich am 24.04.1945 an Erschöpfung starb.
Rosas Spuren nach 1945 sind sehr schwer zu verfolgen. Sie lebte zeitweise bei ihrem Bruder Paul in den USA, bei Samuel in Oldenburg und in Groningen (Spilsluizen 4a). Zusammen mit den anderen Erben (Samuel, Paul und Lieselotte) versuchte sie, das Elternhaus in Stapelmoor wiederzubekommen. Aus der Vermögensfeststellung durch die britische Besatzung geht hervor, dass es an die Gemeinden Stapelmoor und Weener verpachtet war. Erst im September 1952 wurde die Rückerstattung des Hofes und der Grundstücke an die Erbengemeinschaft Lazarus durch das Wiedergutmachungsamt in Aurich bewilligt. Rosa zog zurück auf den Hof nach Stapelmoor, wo sie am 28.11.1971 starb.
Rosa und Samuel wurden auf dem Jüdischen Friedhof in Weener beigesetzt.
Quellennachweis:
Familie Lazarus (zuletzt eingesehen am 25.04.2024)
2020 hat der Regisseur Ali Zahedia einen Film über Rosa Lazarus gemacht: "Rosa- Eine unsichtbare Frau".
Quellennachweis:
Werkstattfilm (zuletzt eingesehen am 25.04.2024)
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