Jüdischer Friedhof Jever (Schenum)
26441 Jever
Kurzbeschreibung
Allgemeine Hinweise zur Besichtigung jüdischer Friedhöfe:
Für den Besuch jüdischer Friedhöfe gelten einige Regeln, die alle Besucher*innen einhalten sollten. Männliche Besucher müssen eine Kopfbedeckung tragen; das Betreten von Gräbern soll vermieden werden; Essen und Trinken ist nicht gestattet. An jüdischen Feiertagen sowie am Schabbat (Freitagnachmittag bis Samstagabend) ist der Friedhofsbesuch untersagt. Manche Friedhöfe sind verschlossen, bitte wenden Sie sich für eine Besichtigung an die entsprechenden Ansprechpartner*innen. Vielerorts werden Führungen über den Friedhof angeboten. Informationen hierzu können Sie der Lokalpresse oder der Internetseite der politischen Gemeinde entnehmen.
Der Friedhof Jever wurde dokumentiert. Die Dokumentation durch Gottschalk/Peters wurde im Jahr 2021 in Buchform veröffentlicht.
Mehr Informationen
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war die Gemeinde zur größten auf der ostfriesischen Halbinsel hinter Emden und Norden angewachsen und besaß seit 1802 eine neu gebaute Synagoge. Auch die Juden Kniphausens, die sich 1797 eine Gemeindordnung gaben, beerdigten ihre Toten in Jever, später auch, bis 1907 der Friedhof Schortens-Heidmühle entstand, die Juden aus Bant bzw. Rüstingen und Wilhelmshaven. 1841 wurde das Friedhofsgelände erweitert. Einige bekannte Persönlichkeiten der jeverschen Geschichte wie z. B. die Kaufleute und Kommunalpolitiker Anton Mendelsohn (1821 – 1901) oder Simon Gröschler (1851 – 1938) liegen hier begraben. Auf zwei Grabsteinen finden sich Hinweise auf jüdische Gefallene des Ersten Weltkriegs.
Die drittletzte Beerdigung in der NS-Zeit war die des 101-jährigen Joseph David Josephs (1835 – 21.12. 1936), des langjährigen Gemeindevorstehers und Mitglieds des Stadtrats, an der auch der Oldenburger Landesrabbiner Leo Trepp teilnahm. Bevor die Juden Jevers 1940 vertrieben und im Osten Europas ermordet wurden, fanden in Schenum noch Louis Hoffmann (1864 – 2.12.1937) und der erwähnte Simon Gröschler (gest. 13.1.1938) ein Begräbnis. In der Nachkriegszeit erfolgten nur drei Beerdigungen: Ruth Luise Levy geb. Seecamp (1960), Erich Levy (1967) und zuletzt Friedrich (Fritz) Levy (gest. 25.10.1982).
Die Nationalsozialisten stießen fast sämtliche Grabsteine um und beschädigten zahlreiche Grabumfriedungen. Vermutlich wegen der entlegenen Lage des Friedhofs wurden aber nur wenige Steine geraubt. Nach der staatlich verfügten Auflösung der jüdischen Gemeinden und der Enteignung ihrer Grundstücke ging der Friedhof an die Stadt Jever über. Der Bürgermeister konnte den seit März 1944 verfolgten Plan, den Friedhof aufzulösen und das Gelände zur Lagerung von Straßen- und Baumaterialien zu verwenden, wegen der Niederlage Deutschlands 1945 nicht mehr durchführen.
Der Grabstein von Friedrich (Fritz) Levy (1901 – 1982), des „letzten Juden von Jever“, im September 2014 (Foto H. Peters)
Der Grabstein von Friedrich (Fritz) Levy (1901 – 1982), des „letzten Juden von Jever“, im September 2014 (Foto H. Peters)
Der unmittelbar nach Kriegsende aus Berliner Zwangsarbeit zurückgekehrte, „arisch“ verheiratete Erich Levy (1891 – 1967) wurde 1946 von der Militärregierung als Vertrauensmann für alle jüdischen Angelegenheiten im Kreis Friesland eingesetzt. Levy ließ 1947 den geschändeten Friedhof auf Kosten der Stadt wieder herrichten. Auf ihm errichtete Levy aus eigenen Mitteln ein Mahnmal aus Feldsteinen für die Opfer des Holocaust. Ein weiteres Mahnmal folgte 1961 für die zerstörte Synagoge, in das die Grundsteine der Synagoge von 1880 integriert wurden. Auf seinem eigenen Grabstein hinterließ Levy ein klares Zeugnis über die NS-Zeit. Auf dem Friedhof erinnern außerdem drei von überlebenden Verwandten hinzugefügte schriftliche Ergänzungen bestehender Grabanlagen an einzelne Ermordete der NS-Zeit. Erst 1978 brachte die Stadt Jever, dazu von der Ev. Kirchengemeinde veranlasst, eine kleine Gedenktafel an der Stätte der Synagoge und damit im öffentlichen Raum an. Allein Verfolgte des Naziregimes selbst gedachten jahrzehntelang der ausgelöschten jüdischen Gemeinde in friedhöflicher Abgeschiedenheit; das übliche Resultat der langen Herrschaft der Täter und der Verdrängung in Nachkriegsdeutschland.
Als 1952 der Vermögenswert des Grundstücks auf die „Jewish Trust Corporation“ übertragen wurde, versuchte die Stadt Jever mit dem Argument, sie habe seit 1947 den Friedhof gepflegt, Kosten zu sparen. Jedoch wurde die Aufstellung und Ausbesserung der umgeworfenen Grabdenkmäler als Wiederherstellung gewertet. 1960 ging der Friedhof auf den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen über. Um die Strauchpflege kümmert sich seit 1976 die Gärtnerei des ev. Friedhofs von Jever. 2011 wurde die Standsicherheit aller Grabsteine, die häufig aus mehreren Teilen bestehen, aufwändig durch ein Fachunternehmen saniert.
Quellennachweis:
H. Peters: Jever: Der jüdische Friedhof, in: Gröschler Haus (zuletzt eingesehen am 22.02.2024)
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