Rundgang Erinnern heute
Streifzug durch das jüdische Seesen
Erinnere dich!
Die lokale Erinnerungsarbeit bildet die Grunderzählung und Grundlage jeglicher Beschäftigung mit der jüdischen Geschichte Seesens. Seit 25 Jahren ist die Verlegung von Stolpersteinen häufig für nichtjüdische Deutsche der Auslöser dafür, sich an ihrem Wohnort intensiv auf die Spuren jüdischer Menschen und ihrer Geschichte(n) zu begeben.
„Zachor!“, zu Deutsch „Erinnere dich!“ ist eine Maxime der jüdischen Kultur, die bereits in der Hebräischen Bibel ihren klaren Ausdruck findet. Im Kontext der Shoah gilt die Überzeugung, dass ein Mensch erst dann vergessen ist, wenn sein Name vergessen ist. Dem Anspruch, die Erinnerung wach zu halten, machen sich aus verschiedenen Motivationen und Blickwinkeln sowohl nichtjüdische Deutsche als auch jüdische Überlebende und Nachfahr*innen zu eigen.
Sie können sich den übergeordneten Rundgang Erinnern heute als eigenen Rundgang erschließen.
Alternativ können Sie die 3 Stationen individuell in die anderen Rundgänge einbinden.
1. Jacobsonplatz mit Jacobsonhaus
2. Städtisches Museum Seesen
3. Gedenkstein St. Annenstraße
Folgende 3 Stationen gibt es zu entdecken:
Zerstörung des Jacobstempels
Nach der Verstaatlichung der Seesener Jacobsonschule bleibt der Jacobstempel, mitten in der Schulanlage auf dem Schulhof stehend, weiterhin im Besitz der jüdischen Gemeinde; Gottesdienste werden dort auch noch nach 1933 gefeiert.
Im Jahr 1933 wird der Lehrer und SA-Mann Adolf Gerade als neuer Schulleiter eingesetzt. Er ist bestrebt, das "Relikt einer vergangenen Epoche" vom Schulhof einer "deutschen Anstalt" zu tilgen. Er meldet 1936 schließlich seine Schule als "judenfrei".
Seit 1934 werden die Gottesdienste der jüdischen Gemeinde durch Steinwürfe, Zerstörungen der Fensterscheiben, des Ziegelbehangs, Übermalungen der jüdischen Symbole, Zerstörungen durch Baumfällungen etc. gestört und setzen dem Gebäude zu; bei Einbrüchen werden Teile des Mobiliars und der Orgel zerstört.
Im Herbst erlässt das Bauamt Gandersheim eine Abrissverfügung. Die Orgel wird abgebaut und bleibt bis heute unauffindbar. Trotz der Abrissverfügung zuvor, wird der Jacobs-Tempel in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 durch Brandschatzung von auswärtigen SA-Männern zerstört.
Text: Dr. Joachim Frassl
Städtisches Museum Seesen
Eine Rekonstruktion des Jacobstempels befindet sich heute im Städtischen Museum Seesen. Das Modell im Maßstab 1:30 basiert u.a. auf Forschungen einer Studentengruppe der TU Braunschweig, unter Direktion der Bet Tfila und Detailrekonstruktionen seitens Herrn Dr. Frassl. Auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Materialien entwarf und rekonstruierte er gemeinsam mit der Designerin Sabine Stübig Details wie die Orgel, Portale, etc. Die Rekonstruktion ist weltweit das exakteste Modell zum Jacobstempel.
Drei Dauerausstellungen Israel Jacobson, Jacobstempel und Nationalsozialismus nehmen Bezug auf die historischen Ereignisse im Zeitraum zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert in Seesen.
Wilhelmsplatz 4 Tel.: 05381 48891 www.museum-seesen.de
| Öffnungszeiten Di – Fr 11.00 – 17.00 Uhr Mo – Do 10.00 – 16.00 Uhr Sa – So 14.00 – 17.00 Uhr und nach Vereinbarung |
Seesen ist einer der Ursprungsorte des Reformjudentums. In Seesen stand mit dem Jacobstempel die erste Reformsynagoge der Welt. Der größte Zweig des Judentums in den USA ist auf die Anfänge in Seesen zurückzuführen. Weltbedeutende Geschichte also, doch kaum jemandem bekannt.
Wir wollen das ändern. In Kooperation mit dem Jacobson-Gymnasium, der Oberschule sowie vielen engagierten Einzelpersonen wollen wir unsere Geschichte erlebbar machen und Denkanstöße für unsere gegenwärtigen Herausforderungen geben.
Erik Homann, Bürgermeister der Stadt Seesen
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